Loslassen

Loslassen!!
Loslassen heißt: nicht urteilen.
Loslassen ist Flow, mit dem Leben fließen, die Kontrolle aufgeben.
Wenn wir beginnen, uns mit Yoga zu beschäftigen, dann mag es uns als unüberschaubar großes Gebiet erscheinen, so viele Methoden, Begriffe und Ideen finden sich darin.

Doch die ganze Vielfalt zielt am Ende nur auf diesen einen Begriff, der den Kern der yogischen Spiritualität bildet: Vairagya, das Loslassen.

Das Thema “Loslassen” betrifft mich ganz persönlich.

Seitdem ich mit der Yoga-Lehrer-Ausbildung angefangen habe und ich mich intensiv mit Yoga beschäftige, hat sich mein Leben völlig verändert.

Diese Veränderung hatte viel mit Loslassen zu tun, auch damit, Ängste zu bewältigen, Existenzängste, Zukunftsängste.

Neuanfänge zu wagen.

In diesem Loslassprozess ist mir bewusst geworden, was Yoga für eine Magie hat und wie Yoga auch im täglichen Leben helfen kann. Mehr noch: Im täglichen Leben unendlich bereichernd sein kann!

Ich will ein paar Beispiele nennen. Die Beispiele sind persönlich, andere Menschen haben andere Erlebnisse. Aber die eigene Erfahrung ist am überzeugendsten und am authentischsten.

Und anschließend möchte ich eine Erklärung versuchen, warum Yoga für das Thema Loslassen so wichtig und hilfreich ist.

Ich habe 23 Jahre in einer Fabrik gearbeitet, hatte meinen sehr geregelten Arbeitsalltag, ein gutes Einkommen und war gut abgesichert.

Aber ich war unglücklich. Es lief alles nur noch mechanisch ab. Ich fühlte mich abgestumpft. Ich hatte keine Freude mehr an der Arbeit.

Durch die Beschäftigung mit Yoga hat sich viel geändert. Durch die tägliche Übung der Asana-Praxis, durch die tägliche Tiefenentspannung wurde mir immer mehr bewusst, dass es so nicht weitergehen kann, dass ich mein Leben ändern muss.

Irgendwann war es dann soweit, dass ich die Arbeit einfach nicht mehr machen konnte und für mich beschlossen habe, nocheinmal einen Neuanfang zu wagen. Dies hat natürlich auch viele Ängste – Existenzängste – freigesetzt, die ich durch die tägliche Yoga-Asanapraxis und Tiefenentspannung aber mehr und mehr in den Griff bekommen habe.

Gerade als Blockaden immer stärker wurden, war es eine tiefe Erfahrung für mich, wie ich durch Yoga wieder meine Mitte gefunden habe, Ängste überwinden konnte und die Energie wieder zu fließen begann.

Ich möchte allen, die vor großen Veränderungen stehen, den Rat geben: Macht es! Wagt es! Ich fühle mich heute wieder so lebendig, ich spüre, wie ich wieder im Leben stehe, die Abstumpfung ist weg, das Brahna fließt.

Wie war das möglich?

Um das zu erklären, müssen wir uns etwas tiefer mit dem Begriff des „Loslassens“ im Yoga befassen:

Im Yoga hat die Idee des Loslassens viele Facetten:

In der Hingabe lassen wir uns selber los und vertrauen uns einer Kraft an, die unendlich viel größer ist als wir.

In der Achtsamkeit lassen wir das Verstricktsein in Gedanken und Emotionen los und sind bewusst im gegenwärtigen Moment.

Loslassen heißt: nicht urteilen.

Wir hören also auf, die Dinge durch unsere getönte Brille zu sehen und ihnen das Label “gut” oder “schlecht” , “mag ich” und “mag ich nicht” aufzukleben.

Loslassen ist Flow, mit dem Leben fließen, die Kontrolle aufgeben.

Loslassen ist noch vieles mehr:

das Aufgeben nicht hilfreicher Gewohnheiten, Gedanken und Emotionen, vor allem der Bitterkeit,

die sich an die unveränderliche Vergangenheit klammert, und der Sorge, die an der unbekannten Zukunft klebt.

Loslassen ist Geben und Vergeben.

Es meint auch, das wir damit aufhören, uns dauernd selbst zu begrenzen.

Vairagya sprengt die Ketten des Ego, das immer nur um sich kreist – ob es sich nun klein macht oder überhöht. Bis hinein in die konkreten Yoga-Haltungen finden wir Vairagya:

Das Loslassen unnötiger Spannung in der Körperhaltung.

Das Loslassen energetischer Blockaden, damit Prana, die Lebensenergie, frei fließen kann.

Das Loslassen des Atems.

Das Loslassen der Fokussierung auf das Außen, um in der Maditation nach innen gehen zu können.

Patanjali fordert uns sogar auf loszulassen, was uns einmal auf den Weg des Yoga gebracht haben mag, nämlich den Wunsch, “höhere” Bewusstseinszustände zu erfahren, die Hoffnung auf “Erleuchtung”.

Und natürlich bedeutet Loslassen auch sterben lernen. Leid aufgeben.

Die Botschaft ist einfach, doch sie zu leben ist schwer.

Wenn wir loslassen, dann tun wir es im gegenwärtigen Moment.

Warum also nicht jetzt?

(von Andreas Grunenberg-Masche)

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